Zusammenfassung TAG 1

AUFWACHRAUM/ AUF DEN GÄNGEN

*Ein graumellierter Arzt betrat zusammen mit einem Pfleger den Aufwachraum und kam an das Bettende. Er nahm die Akte an sich und las:*

"Holmes, Michael... ich hab gehört, Sie seien der neue... ach was sage ich... der erste Studiosus von Dr. Gregory House?"

*er pausierte kurz und musterte den jungen Mann vor sich.*

"Erstens müssen Sie mir sagen, was Sie ihm in das Essen gemischt haben, dass er das zugelassen hat und zweitens wissen Sie nun, was Sie erwartet, wenn Sie es mit diesem... Kerl zu tun haben!"

*Plötzlich beendete der Graue seine Ausführungen, denn ein weiterer, rothaariger Arzt betrat den Raum.*

*Chester, der gerade einen seiner kleinen Patienten besuchte, der eine Bliddarm OP gehabt hatte, bemerkte, wie Dr. Fitzgerald den Raum betrat und einem jungen Mann ein paar süffisante Bemerkungen über Dr. House aufschwatzte. Noch dazu hörte er eine sehr interessante Sache: Der junge Mann in dem Bett sei House's Studiosus... wie war denn das möglich? Der Mann hatte sich Dekaden lang mit Händen und Füßen (erfolgreich!) dagegen gewehrt, angehende Ärzte zu unterrichten. Nur einmal hatte er eine Klasse für einen erkrankten Kollegen übernommen. Dann nie wieder... Und jetzt das?

Das weckte sein Interesse. Der kleine Chuck war sowieso noch nicht wach, also beschloss Chester, sich in das Gespräch einzuklinken. Er trat leise hinter Dr. Fitzgerald und begann zu sprechen:*

"Ach, es ist doch immer wieder schön, wenn man mitbekommt, wie gut es um die Kollegialität in diesem Krankenhaus bestellt ist!"

*Fitzgerald drehte sich um und starrte Fry an, dabei wurde er puterrot im Gesicht. Bevor er etwas sagen konnte fuhr Fry fort.*

"Machen Sie sich keine Mühe... ich bringe den jungen Mann auf Station!"

*Gesagt, getan. Er löste die Bremse des Krankenbettes und fuhr den - ihm noch unbekannten - Jungen aus dem Aufwachraum auf die Gänge.*

*In zügigem Tempo schob Fry den jungen patienten den Gang entlang und hielt auf den Bettenaufzug zu. Er sah zu Holmes hinunter und begann zu sprechen:*

"Jetzt mal ehrlich, Junge, wie haben Sie das gemacht?"

*fragte er lediglich und schob das Bett näher an den Aufzug heran, der sich gerade öffnete und ein Team mit alter Dame im Bett entieß, die zu einer OP gebracht werden sollte. Noch während er Holmes in den Aufzug schob, sah er ihn immer wieder interessiert an.*

*Holmes war sichtlich amüsiert. Er wurde hier von fast allen als "junger Mann" angesehen. Irgendwie behagte ihm das aber nicht. Dass er jung war wusste er selbst aber ein Junge war er wahrlich keiner mehr. Aber wenn er etwas in seiner 26 jährigen Lebenserfahrung gelernt hatte, dann, dass es nichts bringt Leute ändern zu wollen. Außerdem war der ebenfalls junge Arzt nicht unsympathisch. Also antwortete Holmes, der schon wieder lächeln konnte

"Vielleicht hab ich ihn mit meinem Charm um den Finger gewickelt."

*er lächelte und sagte

"Also wenn Sie die genauen Gründe wissen wollen, müssen Sie Dr. House fragen."

*Fry schob Holmes in den Fahrstuhl und drückte die "3". Ratternd schlossen sich die Türen und das Ding setzte sich in Bewegung. Bei Holmes' Antwort musste Fry herzlich lachen.*

"Hm, auf den Mund gefallen sind Sie schon mal nicht, das wird ihm gefallen, denk ich! Jedenfalls wenn ich bedenke, wie er so drauf ist."

*Er räusperte sich und sprach weiter:*

"Ich werd ihn fragen, das ist eine gute Idee. Allerdings ist er gerade recht beschäftigt, sagt Dr. Cuddy. Sagen Sie, wieso wollten Sie zu House?"

*Eine neue Frage. Und er war neugierig auf die Gründe des Jungen.*

*Holmes hatte schon geahnt, dass so eine Frage kommen würde. Aber alle Gründe konnte oder wollte er ihm nicht sagen. So sagte er nur einen Teil davon*

"Naja wissen Sie er ist der beste Diagnostiker und wer würde nicht gern von ihm lernen?"

*Normalerweise hätte er mehr geredet aber die Müdigkeit nach der Operation hatte erst leicht nachgelassen. So beschränkte er sich darauf sich mehr fragen zu lassen.

*Chester merkte, dass der Knabe etwas maulfaul war - konnte an der Narkose liegen, konnte aber auch darin begründet sein, dass Holmes nicht alles sagen wollte. So beschloss Chester einen Vorstoß.*

"Mein Name ist übrigens Chester Fry. Ich bin Kinderarzt hier in der Ambulanz. Ich interessiere mich für House, weil ich zu gerne in seinem diagnostischen Team wäre. Allerdings sagt die chefin, dass alle Stellen belegt seien. Bin gespannt, ob ich meine Chance erhalte."

*Bei den letzten Worten glitten die Aufzugtüren auf und gaben den Blick auf den Gang des Patiententraktes frei. Unter geringem Kraftaufwand schon Fry das moderne Patientenbett aus dem Fahrstuhl und steuerte auf den Schwesterntisch zu.*

"Freut micht"

*sagte Holmes freundlich und in dem Wissen, dass er seinen Namen wohl nicht nochmals wiederholen musste.*

"Für Zukunftsvisionen sollten Sie besser die Horoskopspalte in der Tageszeitung ins Auge fassen."

*verkündete Holmes mit einem lachenden Unterton. Wieder seriös setzte er fort*

"Wieso sind Sie eigentlich Kinderarzt geworden? Mögen Sie Kinder? Haben Sie welche?"

*fragte House's studiosus interessiert.*

*Fry schob Holmes näher zum Schwesterntisch hin und antwortete:*

"Ich hab Kinder, ja. Einen Sohn. Und ich mag Kinder. Sie sind unsre Zukunft, deshalb möchte ich dafür sorgen, dass sie gesund bleiben, bzw. es wieder werden."

*Nun waren sie bei den Schwestern angekommen. Diese sahen Fry, den sie nur aus der Ambulanz kannten, etwas verwundert an. Noch nie hatte er einen Patienten gebracht.*

"Wohin soll der Patient Holmes, meine Damen?"

*fragte er und schenkte den beiden ein strahlendes Lächeln. Die brünette lief rot an, während die dickliche unsicher kicherte.*

"Zimmer 315! Gleich hinten links, Dr. Fry!"

*antwortete sie und kicherte immer noch.*

"Danke, meine Beste!"

*antwortete Fry und schob Holmes langsam weiter.*

*Cuddy schloss hinter sich die Tür. Für einen Moment blieb sie stehen, atmete tief durch, stellte erleichtert fest, dass dieser letzte gemeinsame Moment der Reminiszenz an vergangene, bessere Tage dank des geschlossenen Lamellenvorhangs unter vier Augen geblieben war, lief kerzengerade, hoch erhobenen Hauptes und mit einem verbindlichem Lächeln auf den Lippen den Flur entlang, vorbei an Schwestern, Patienten und Ärzten, als ihr plötzlich Dr. Fry entgegen kam, der, wie sie überrascht feststellte, das Bett mit Dr. Holmes vor sich herschob. Sie hob die Brauen und ihr Blick wanderte von einem zum anderen.*

„Nanu? Dass unser jüngster Zuwachs noch sehr jung ist, war mir ja klar, aber so jung, dass unser Kinderarzt hinzugezogen wird, das überrascht mich nun doch.“

*Sie schenkte dem Verletzten ein Lächeln und spürte einen Stich in der Herzgegend. Für einen Moment war ihr, als blickte sie in das Gesicht ihres jungen Lovers damals vor zwanzig Jahren…!
Holmes unternahm einen tapferen Versuch, ihr Lächeln zu erwidern.*

„ Ich bin so froh, dass es Ihnen besser zu gehen scheint!“

*beeilte sie sich hinzuzufügen, und: *

„Ich werde nachher noch einmal kommen und nach Ihnen sehen!“

*Damit entschwand sie, ohne eine Antwort abzuwarten, eilig in Richtung Aufzug. Sie drückte den untersten Knopf, verließ den Lift in Richtung ihres Büros, schüttelte, als jemand sie ansprechen wollte kurz mit einer entschuldigenden Geste den Kopf und lief weiter, an ihrem Büro vorbei zur Damentoilette. Dort warf sie die Tür hinter sich zu, sah sich um und vergewisserte sich, dass sie im Moment allein war, sperrte sie sich in einer der Kabinen ein und brach in Tränen aus.*

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*Noch während Chester auf das von den Scwhestern angesprochene Zimmer zusteuerte, glitt die Tür auf und Dr. Cuddy kam ihnen entgegen. Sie wirkte äußerlich gefasst und souverän wie immer, doch in ihren Augen lag etwas, dass Fry nicht deuten konnte. Irgendetwas war in dem Zimmer da geschehen und es hatte Cuddy mitgenommen, nun... zumindest beeindruckt. Sie machte einen Spruch über das Faktum, dass er Holmes auf das Zimmer brachte, dass er mit einem ehrlichen Lachen beantwortete.

Fry's Verdacht, dass etwas mit Cuddy nicht stimmen konnte, wurde dadurch bestätigt, dass sie eilig um die Ecke verschwand und sie beide kommentarlos zurückließ. Chester sah ihr noch kurz hinterher, dann nahm er wieder fahrt auf und schob Holmes' Bett durch die offene Zimmertür.*

PATIENTENZIMMER HOUSE

"So, mein Freund, da wären wir. Und alleine sind Sie auch ni..."

*begann Fry, bis er realisierte, wer da in dem Patientebett neben Holmes lag, den er gerade im Bett auf seinen Platz schob. Holmes schien zu dämmern, denn er bekam nicht wirklich was mit.
Gregory House sah die beiden kurz an und musterte sie, bevor sein Blick wieder an die Decke des Zimmers wanderte. In seinen Augen lag ein ähnlicher Ausdruck wie in denen Cuddy's vorher. Fry konnte sich nicht wirklich einen Reim darauf machen aber andererseits... ging es ihn auch nichts an.

Er stellte die Bremse von Holmes' Bett fest und kam an die Bettkante von House. Er sah den Diagnostiker, den er schon einige Male getroffen und kurz gesporochen hatte an.*

"Dr. House, was ist denn Ihnen passiert?"

*fragte er schlicht und musterte den Kollegen, der nicht unbedingt gut aussah. Leicht rot schimmerte das Blut an der rechten Seite seiner Schläfe unter dem Verband vor. Fry fragte sich, ob es klug gewesen war, House anzusprechen, denn dieser sah ihn mit leicht hochgezogenen Augenbrauen an.*

*Gregory war noch immer in Gedanken, was das eben Geschehene anging, da konnte er hören wie Stimmen sich näherten; sie waren männlich. Er war - aus irgend einem Grund - ganz ruhig, das Erlebte von eben hatte sich in sein Herz gebrannt. Es war dennoch irgendwie taub.

House sah starr an die Decke, als eine weiche, männliche Stimme zu einem Patienten sagte, dass er nun in seinem Zimmer angekommen sei. "Mein Freund..." sagte sie. Was für ein Stuss! Bildeten sich Freundschaften neuerdings auf Krankenhausfluren und in OP's? Der Diagnostiker hing bitter gewissen bösartigen Phantasien nach, als er plötzlich seinen Namen hörte.

Da wandte er seinen Blick doch zur Quelle des Stusses und entdeckte, dass Chester Fry, der Kinderarzt, sich auf die Patientenstation verirrt hatte; zu allem Überfluss mit einem Patientenbett, dessen Inhalt er keine weitere Aufmerksamkeit schenkte. Als Fry ihn danach fragte, was ihm passiert sei, zog Gregory die Augenbrauen hoch und dabei fiel sein Blick auf Schwester Nilpferd, die draußen gerade ein paar Akten vorbei schleppte.*

""Sagen Sie bloß, Sie haben das nicht gesehen: Ich wurde von einem Mitglied der Herde gefährdeter Hippopotamus schwesteriensis überrollt! Das hält selbst der beste Arzt nicht aus..."

*Er stockte kurz, denn irgendwie wurde ihm gerade recht schummrig und er spürte, wie Schweiß auf seine Stirn trat. Nein... so schnell konnte das doch nicht gehen. Oder...*

"Naloxone!"

*dachte Gregory mit Entsetzen und seine Pupillen weiteten sich vor Angst. Nicht wieder... nicht schon wieder! Mit aller Macht verdrängte er die Gedanken an einen Entzug und dass dieser ihn in kürze unweigerlich und gnadenlos heimsuchen würde. Durch das Nalaxone hatte er anstatt der 7 Stunden, die den Untedschied zwischen Vicodin und kein Vicodin machten, vermutlich nicht mehr als 2, wenn überhaupt.

Er sah - während sein Blick zufällig durch das Zimmer wanderte - genauer hinüber zu dem zweiten Patientenbett und konnte Holmes darin erkennen... wunderbar! Was machte der in seinem Zimmer? Musste ausgerechnet er hier liegen und all das mitbekommen? Er sah Fry an.*

"Wie geht es ihm?"

*fragte sein Mund, während sein Geist panisch alle Möglichkeiten abwog, die ihm blieben.*

"Er ist noch geschafft von der OP, aber er wird wieder..."

*Fry griff nach der Akte, die am Fußende des Bettes hing.*

"... zumindest sagt die Akte das. Es ist noch einmal glimpflich abgelaufen. Der Knabe hatte Glück."

*vollendete Fry seinen Satz, dann fiel ihm auf, wie House aussah. Er verzichtete darauf, die Bemerkung über die pummelige Schwester auseinanderzunehmen und auf einer Antwort zu bestehen, denn der Diagnostiker sah gar nicht gut aus. Chester beschloss, den Raum zu verlassen und dem Arzt seine Ruhe zu gönnen, zudem schlief Holmes ebenso.*

"Hat mich gefreut, Dr. House!"

*sagte er, lächelte und verließ den Raum.*

*Kurz bevor Kelly Zimmer Nr. 513 erreichte, verlangsamte sie ihren Schritt, atmete tief durch und strich sich die Haare zurück. Sie wollte nicht ins Zimmer gerannt kommen, als sei eine Horde Flusspferde hinter ihr her. Oder als hätte sie während Lisa Cuddy’s Erzählung vergessen auf die Uhr zu sehen…!
Sie spähte vorsichtig durch die fast gänzlich geschlossenen Lamellen und erkannte nur, dass noch ein zweites Bett im Zimmer stand. Auf Zehenspitzen trat sie ein.

Mit einem Blick erkannte sie, dass der andere Patient der junge Arzt war, der zuvor von dem wildgewordenen Berserker niedergestochen worden war. Jetzt schlief er tief und ruhig.
Was man von Gregory nicht behaupten konnte. Er hielt zwar die Augen geschlossen, doch sein flackernder Atem verriet, dass er nicht schlief. Kelly trat lautlos ans Bett und beugte sich über ihn, berührte sacht seine Stirn. Sie war feucht und kühl. Wenigstens hatte er kein Fieber.

Bei der Berührung schlug er die Augen auf.*

*Gregory hatte Fry nur zugenickt, als dieser sich verabschiedet hatte. Viel zu sehr war er damit beschäftigt gewesen, sich zu überlegen, wie er den Nebenwirkungen dieses erneuten, rapiden Vicodinentzuges halbwegs entgehen konnte. Er war aber zu keiner Lösung gelangt. Inzwischen hatte auch das Lidocain langsam aber sich begonnen, nachzulassen und sein Oberschenkel machte sich immer regelmäßiger mit wellenartigen Schmerzen bemerkbar.

Sein Unterbewusstsein hatte irgendetwas gehört, Fry würde es wohl nicht sein, denn der war schon seit einiger Zeit weg. Wie lange, wusste Gregory nicht. Dann stieg ihm ein bekannter Duft in die Nase und wie zur Bestätigung lag kurz darauf eine zarte Hand auf seiner nassen Stirn. Er öffnete die Augen und sah... Kelly Aubrey, die ihn besorgt ansah.*

"Sie wollen mich entführen... Aliens!"

*krächzte Gregory, der in diesem Augenblick nichts wirklich Gehaltvolleres zu bieten hatte, außer vielleicht, dass sein Bein schon wieder Zeter und Mordio schrie. Er hatte ihr zugesagt, dass sie ihm helfen "durfte". Deshalb fasste er sich ein Herz und quetschte durch zusammengebissene Zähne:*

"Aubrey, Sie haben die Lizenz zum Stechen, aber beeilen Sie sich, bevor ich es mir anders überlege und in das Ufo einsteige!"

*heraus. Er blickte sie weiterhin an und schnappte nach Luft. Sein Körper tauchte langsam in den Entzug ein... ohne Gnade.*

*Kelly lachte leise. Über welche Reserven an Humor musste dieser Mann verfügen, wenn er selbst jetzt noch zu solchen Scherzen imstande war?

"Ich bin in einer Minute wieder da."

*versprach sie flüsternd. Dann war sie auch schon aus der Tür und im Treppenhaus. Sie würde nicht mehr riskieren mit dem Aufzug zu fahren. Aufzüge blieben stecken.
Sie hatte ihm angesehen, dass nicht nur die Wirkung des Lidocain langsam abebbte, sondern die furchtbaren Symptome des Vicodin Entzugs einsetzten. Er brauchte jetzt mehr als eine Spritze in den Oberschenkel.
Da sie vorgesorgt hatte, fand sie alles Nötige mit ein paar Handgriffen und war kurz darauf zurück an seinem Bett. Sie schlug die Decke zurück und desinfizierte seinen Oberschenkel. Dann setzte sie die Nadel an.*

„Wenn ich zu schnell bin, sagen Sie es. Es soll nicht weh tun.“

*Beruhigte sie ihn, als sie die Panik in seinen Augen sah. Doch diesmal hielt er still, auch wenn es ihn offensichtlich alle Beherrschung kostete. Sehr vorsichtig und extrem langsam injizierte sie das Lidocain. Er sollte begreifen, dass sie alles daransetzen würde, ihm Schmerzen zu ersparen, eine Erfahrung, die für ihn offensichtlich neu war. Immer wieder wanderten ihre Augen von seinem Oberschenkel zu seinem Gesicht, um sich zu vergewissern, dass sie sich genügend Zeit ließ, und sie stellte beruhigt fest, dass er sich langsam entspannte und die Angst mit den Schmerzen abebbte.
Als sie die Nadel zurückgezogen hatte, nahm sie eine andere, wesentlich kürzere Kanüle von dem Instrumententisch neben seinem Bett und erklärt ihm mit gedämpfter Stimme, um Dr. Holmes nicht zu wecken:*

„Ich häng Sie jetzt an den Tropf. Sie bekommen eine Mischung aus Mineralstoffen, Magnesium, Calcium, Vitaminen und vor allem ein synthetisches Opiat, das die Entzugserscheinungen minimiert. Es ist nicht Methadon, in der Wirkung aber sehr ähnlich, nur hat es weniger Nebenwirkungen. Ich geb Ihnen außerdem ein leichtes Sedativum, damit Sie schlafen können.
Nachher werde ich kurz nachhause fahren um ein paar Sachen zu holen, aber ich komme sofort wieder und bleib die Nacht über hier. Wenn Sie irgendetwas brauchen, dann sagen Sie es mir. Ich werde nicht länger als eine Stunde fort sein.
Im Übrigen werde ich Ihnen heute Nacht einen PDA Katheter legen, denn ich kann Ihnen nicht tagelang Lidocain intramuskulär spritzen. Das wissen Sie. Sie werden sich damit frei bewegen können, aber in den kommenden Tagen werden Sie ohnehin die meiste Zeit schlafen. Durch die PDA bleibt Ihr Bein schmerzfrei.
Nach dem Detoxing sollten wir sofort mit der Therapie beginnen, damit Sie in Zukunft keine Drogen mehr brauchen. Sonst ist das hier alles für die Katz!“

*Sie hatte sich bemüht, in einem sanften, aber sachlichen Ton zu sprechen, um ihm nicht wieder mit ihrer übertriebenen Fürsorglichkeit auf die Nerven zu gehen, doch es fiel ihr nicht leicht. Bei dem was er gerade durchmachte und über eine so lange Zeit durchgemacht hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass etwas liebevolle Fürsorge schaden würde, schon gar nicht nach dem was sie erst vor wenigen Stunden auf dem Dach da oben erlebt hatte. Sie war erst einen halben Tag hier, aber Kelly bezweifelte, dass es viele Kollegen in dieser Klinik gab, die so genau wussten, wie groß die Kluft war zwischen dem Menschen der er wirklich war und dem, der zu sein er vorgab. Vielleicht hatte sie ja eine Chance, mit sehr viel Einfühlsamkeit und Geduld seine meterdicke Schutzschicht zu durchbrechen und sein Vertrauen zu gewinnen, wenn sie ihre Fürsorge und Zuneigung ebenso langsam und vorsichtig applizierte wie das Lidocain.*

*Gregory bekam das Zittern in seinen Gliedmaßen nur sehr bedingt in den Griff. Als Aubrey ihm die Spritze setzte, grub er beide Hände krampfig in die Bettdecke ein und versuchte im Gegenzug sein Gesicht zu entspannen. Es gelang ihm nicht ganz. Irgendwie bekam er auch nur die Hälfte von dem mit, was sie sagte und erschrak deshalb ein bisschen, als sie eine Kanüle in die Vene seiner linken Hand stach und den dünnen Schlauch des Tropfes einführte.

Ohne dass er fragen musste, zählte sie alles auf, was sie damit bezweckte. Gregory fragte sich dabei die ganze Zeit im Stillen, weshalb kein Mensch einen Schmerzspezialisten hinzugezogen hatte, als es ihm so mies ging. Lag es daran, dass man ihn aufgegeben hatte? Dass er auch ein wenig aufgegeben hatte und das ganze akzeptiert? Nun, vielleicht könnte es auch daran liegen, dass vieles nicht gewirkt hatte.

Er musterte Kelly, während sie etwas von einem PDK sagte... sie würde ihn also tatsächlich legen und er wäre dann so mobil wie ein Mensch, der Gummibeine hatte, die hier und da funktionierten, ihm aber auch genau so gut wegklappen konnten. Er knurrte etwas Unverständliches, sehr unverständlich, da er seinen Mund nicht öffnete. Als Aubrey dann davon sprach, dass sie wieder käme über Nacht, fühlte sich Gregory dann doch zu einem Kommentar bemüssigt.*

"Bringen Sie Chips und Cola mit, und vergessen Sie nicht meine Pornosammlung, dann machen wir uns einen kuscheligen Abend und Holmes wird sediert."

*Er zwinkerte ihr zu, während eine Schweißperle von seiner Stirn über die Wange zum Kinn lief.*

"Zudem hätt ich gern meine PSP. Ist ja totlangweilig hier!"

*Das wiederum meinte er ernst.*

"Chips und Cola wären eher kontraproduktiv, wenn Sie etwas essen möchten dann bring ich Ihnen gern was anderes mit. Und wenn Sie mir sagen, wo Sie ihre Pornosammlung und ihre Playstation versteckt haben, bringe ich Ihnen die auch. Kein Problem."

*erwiderte sie grinsend, während sie die Butterfly-Kanüle auf seinem Handrücken fixierte. Über den kuscheligen Abend verkniff sie sich mit Mühe jede Bemerkung, da sie ihn mittlerweile gut genug kannte um zu wissen, mit welcher Art Antwort sie zu rechnen hatte.*

*Gregory musterte Aubrey... kein leichter Gegner. Sie fälschte die Bälle, die sie ihm zurückspielte, ziemlich geschickt ab. Aber er war auch gut in dem, was er tat.*

"Schade... ich hatte schon auf eine Liveshow gehofft! Aber gut, ich kann warten.. inzwischen nehme auch Celluloid! Meine PSP ist in meinem Büro. Schublade. Ist nicht abgeschlossen."

*Er pausierte kurz und wagte einen weiteren Vorstoß.*

"Ich interessiere mich sehr für meine Mitarbeiter. Sie sich auch für mich, aber bisher hatte niemand den Mumm in diese Schublade zu sehen, obwohl sie stets offen ist."

*Lansgam begann das Lidocain zu wirken und er fühlte sich dadurch entsprechend besser. Er setzte sich ein Stückchen weiter auf und sah zu Holmes hinüber, der schlief wie ein Baby. Gregory musterte den Jungen interessiert und es wunderte ihn, dass dieser ausgerechnet bei ihm auf dem Zimmer gelandet war - oder besser - Gregory bei ihm. Schließlich hatte er nicht vorgehabt, heute eingeliefert zu werden. Er beschloss, sich später noch ein wenig um seine Patientin zu kümmern. Zudem wollte er sein Team schicken, das MRT zu machen. Die hatten das über den ganzen Trubel weg wohl vergessen...

Ob Holmes Eltern schon Bescheid wussten über das, was geschehen war?
Auf einmal traf Gregory ein Gedanke, so gnadenlos hart wie ein linker Haken von Muhammad Ali: Seine Mutter! Er hätte morgen nach Jackson reisen sollen, weil sein Vater gestorben war. Das hatte er vollkommen vergessen.
Eigentlich hatte er sich um jeden Peris der Welt drücken wollen, und doch war da etwas. Seine Mutter war ihm wichtig. Jetzt hatte er einen guten Grund, nicht hinzufahren, aber irgendwie fühlte er sich dabei nicht so gut.*

"Ich muss meine Mutter anrufen..."

*murmelte er mehr zu sich selbst als zu irgendwem anders. Seine Augen fokussierten einen undefinierbaren Punkt irgendwo im Raum.*

"Wie ist die Nummer?"

*fragte Kelly und griff nach dem Telefon neben dem Bett.*

*Aubrey's Frage kam so unvermittelt, dass er beinahe ein wenig aufschreckte, als sie ihn ansprach. Die Nummer? Nein... das machte er selbst. Er griff ebenfalls nach dem Telephon und legte den Hörer wieder auf.*

"Das mach ich schon. Ein Telephon kann ich noch bedienen, auch, wenn ich sonst so scheine, als könne ich meinen linken Fuß nicht von meinem rechten unterscheiden!"

*Während dieser Worte sah er Aubrey an und lehnte sich wieder etwas zurück. Er würde das machen, sobald er alleine war. Er wusste nicht weshalb, aber er wollte da niemanden dabei haben, er wusste nicht einmal. wieso. Es war ein tiefes Gefühl in ihm, das sagte "Mach das alleine!".
Wahrscheinlich sein unbändiger Selbstbestimmungwille. Noch dazu war ihm Telephonieren eher zuwider. Er wollte seinem Gegenüber in die Augen sehen. Aber wenn Gregory schon telephonieren musste, dann wenigstens unbeobachtet.*

*Kelly verstand, dass er allein sein wollte und nickte kurz mit einem verständnisvollen Blick.*

"Ich fahr dann kurz nachhause, aber in spätenstens zwei Stunden bin ich wieder hier. Brauchen Sie sonst noch etwas?"

*fragte sie, bemüht, ihm zu geben was er wollte, aber nicht aufzudrängen was er nicht wollte.*

*Gregory, der seine ruppige Natur nicht von einem auf dem nächsten Tag ablegen konnte, antwortete:*

"Ja... Luft!"

*In dem Augenblick, in dem er es aussprach, merkte er, wie harsch das gewesen war. Und Aubrey war die erste, die ihn nicht behandelt hatte wie einen Vollidioten, eigentlich war sie - seit Cameron - die erste, die sich wirklich um ihn scherte. Und vielleicht sogar mehr.

Deshalb sah er sie an und zwinkerte ihr zu. Er wusste nicht, ob es wirken würde, aber er tat es.*

"Soll ich ein Fenster öffnen?"

*fragte Kelly mit ungerührtem Lächeln. Immerhin zwinkerte er ihr zu, das bedeutete wohl in seiner Währung schon einen halben Heiratsantrag.*

*Sein Blick scannte sie von oben bis unten, bis er ihr wieder in die Augen sah.*

"1:0 für Sie... Und jetzt raus hier!"

*sagte er mit einem leichten Lächeln. Mit leichtem Horror dachte er an den Eingriff in ein paar Stunden. Er machte gerne welche, aber wenn an ihm hantiert wurde, das hasste er. Denn er hatte keine Kontrolle darüber und er wollte nie die Kontrolle verlieren. Nie wieder...*

*Kelly lachte leise und räumte ihre Utensilien zusammen, dann wandte sie sich zum Gehen.*

"Bin schon weg."

*sagte sie und zwinkerte ihm zu, dann war sie es.*

VOR AUBREY'S BÜRO

* Wilson hatte von allem Trubel nichts mitbekommen. Als er nun auf den Flur trat, ahnte er noch nichts böses. Er hatte doch längere Zeit, als er dachte, damit verbracht, sein Büro wieder einzurichten und schlussendlich waren doch auch alle alten Akten wieder an ihrem Platz gelandet. Er hatte alles komplett vergessen, bis er leicht verschwitzt fertig war. Mein Gott, er hatte sich doch Dr. Aubrey vorstellen wollen!

Er kam an House's Büro vorbei und bemerkte, dass dieser nicht anwesend war. Es störte ihn nicht sonderlich, er hatte anderes vor. Er hoffte, irgendwen zu treffen, der ihm sagen konnte, wo er die neue Ärztin fand? In ihrem Büro wäre sie wohl kaum, neu wie sie war. Sie würde sich wohl eher umsehen? Oder nicht? Vielleicht war es doch besser, dort vorbeizuschauen. Auf dem Weg würde er sicher jemandem des Teams begegnen.*

* Als Wilson an Dr. Aubrey's Büro ankam, war sie nicht da. Er hätte es ja wissen müssen. Und warum hatten ihn alle, die er getroffen hatte, so komisch angesehen? War etwas passiert? Er war noch erschöpft vom Kisten schleppen und ausräumen, also beschloss er auf ein paar nahestehenden Stühlen Platz zu nehmen und auf Dr. Aubrey zu warten. Vielleicht würde er so auch mitbekommen, was hier alle zu starrenden Narren machte. *